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The Women's Boat Race: 7th April 2019, 2.13pm

Das wird ein "super hartes Kopf-an-Kopf-Rennen"

Die Oxford-Crew fürs Boat-Race 2019 mit Tina Christmann (Fünfte von links). Foto: Jack Thomas/The Boat Race Company
Die Oxford-Crew fürs Boat-Race 2019 mit Tina Christmann (Fünfte von links). Foto: Jack Thomas/The Boat Race Company

Hanau, Berlin, Oxford: Wo Tina Christmann zu Hause ist, gehört das Besondere immer mit dazu – und natürlich der Rudersport. Mit einem glatten 1,0-Abi und einer WM-Silbermedaille im Doppelzweier in der Tasche geht es 2014 von Hanau aus an die Technische Universität und den Olympiastützpunkt der Bundeshauptstadt. „Ökologie und Umweltplanung“ heißt ihr top-modernes Studienfach, „WM-Bronze im Doppelvierer“ der schönste Erfolg in ihrer Berliner Studienzeit. Nun wohnt die 23-Jährige seit Sommer in einer WG auf dem Campus der altehrwürdigen Universität Oxford und verfolgt noch weitere, bedeutende Ziele: In „Biodiversity, Conservation and Management“ steht ihr Masterabschluss an, im Ruder-Team der Start beim legendären Boat-Race am 7. April auf der Londoner Themse.

 

Das Prestigeduell zwischen den Achter-Mannschaften der Universitäten von Oxford und Cambridge hat Christmann bereits in ihrer alten Heimat in den Bann gezogen. Und sie machte Nägel mit Köpfen: „Ich hatte mich schon von Deutschland aus mit dem Coach des Ruder-Teams von Oxford in Verbindung gesetzt“. Ihr Ziel: Mit den dunkelblauen „Dark Blues“ aus Oxford gegen die hellblauen „Light Blues“ aus Cambridge anzutreten. Jetzt sitzt sie als einzige Deutsche neben sieben Britinnen und einer Niederländerin mit im Boot. Zu bewältigen sind 6779 Meter im wohl bekanntesten Rennen der Welt, das 1829 ins Leben gerufen wurde und bei dem die Frauen seit 1927 mit am Ruder sind. Die Oxford-Damen konnten bisher 30 Mal gewinnen, die Mannschaft von Cambridge siegte 43 Mal. Tina Christmann möchte gerne zum 31. Erfolg ihrer „Dark Blues“ beitragen. Immerhin geht es fürs Boat-Race jeden Morgen schon um 5.45 Uhr zum Training, nachmittags kommen noch weitere Einheiten dazu. Der Zeitaufwand soll sich lohnen.

 

sl

Fünf Fragen an Tina Christmann

"Gummistiefel sind schon sehr praktisch"

Tina Christmann im Trikot der "Dark Blues". Foto: The Boat Race Company
Tina Christmann im Trikot der "Dark Blues". Foto: The Boat Race Company

Wie fühlst du dich als Skullspezialistin auf Position sieben deiner „Dark Blues“?

Sieben ist eine spaßige und anspruchsvolle Position, weil man als Schlagzweier sehr starken Einfluss auf das Boot haben kann und den Rhythmus mit vorgibt. Obwohl ich geskullt bin, ist der Rhythmus im Riemen ja nicht groß verschieden, daher hilft meine jahrelange Erfahrung über die lange Strecke, einen sehr konstanten und hochfrequenten Schlag vorzugeben. Allerdings sehe ich mich eher als Langstreckenspezialistin denn als Skullspezialistin und fühle mich auf der Position sehr wohl, weil ich meiner eigenen Ausdauer und dem Team hinter mit sehr vertraue.

 

Welche Chancen rechnet ihr euch aus?

Aufgrund der Oxford-Niederlagen der letzten Jahre gehen wir als Underdogs ins Rennen, sind aber auch ein neues Team, mit einem guten Mix aus Leuten mit Boat-Race-Erfahrung, alten und jungen Ruderern, das bisher bei keinem der Testrennen geschlagen wurde. Wir wissen, dass Cambridge individuell starke Ruderinnen im Boot hat, aber im Achter geht es bei einem so langen Rennen in erster Linie um die Zusammenarbeit und wie wir bisher bewiesen haben, können wir dank guter Zusammenarbeit auch stärkere Crews schlagen. Daher stellen wir uns auf ein super hartes Kopf-an-Kopf-Rennen ein, aber wie das eben beim Boat-Race so ist, es kann viel passieren, und bis man im Rennen ist, weiß man nicht wie schnell die Gegner sind. Daher ist es am besten, sich auf sich selbst zu konzentrieren und sicher zu stellen, dass man sein Maximum abliefert und in den letzten zwei Wochen noch konzentriert arbeitet. 

 

Das Boat-Race ist ein nationales Ereignis – und hat Stil: Für euch gibt’s sogar Gummistiefel mit Universitäts-Wappen. Typisch britisch, oder?

Nicht nur typisch britisch, sondern auch außerordentlich praktisch und nötig! Die Themse in London hat nämlich starke Gezeiten von bis zu acht Metern und es gibt es keine Stege, die so einen Höhenunterschied überbrücken können. Daher muss man zum Ablegen ins Wasser reinlaufen und da sind Gummistiefel schon sehr praktisch (und auch in Oxford an regnerischen Herbsttagen helfen die natürlich ungemein).

 

Vermisst du etwas aus Deutschland?

Pünktlichkeit und Direktheit! Gerade viele meiner internationalen Freunde sind häufig mal mehr als eine halbe Stunde zu spät und das kann mir meinen eng getakteten Tagesablauf durcheinanderbringen. Außerdem ist der Umgang hier immer überaus höflich und bedacht und oft tun sich die Briten schwer, produktiv und direkt Kritik zu äußern, was verwirrend und auch meiner Meinung nach oft nicht zielführend ist.

 

Was kommt beruflich und sportlich nach deinem Oxford-Aufenthalt?

Was sportlich kommt, steht noch in den Sternen, das wird stark von meinen Rückenbeschwerden abhängen. Ich werde für einen Doktor in Tropen-Ökologie und Klimatologie die nächsten Jahre vermutlich in Oxford bleiben und schließe ein weiteres Boat-Race nicht aus. Ansonsten würde ich mich gerne mal im Wettkampf-Laufen oder Triathlon versuchen.

 

sl

Die Ruderwiege stand beim Mühlheimer RV

Hamburg 2014: Mit Franziska Kampmann (RV Waltrop) holt Tina Christmann (Hanauer RC Hassia) WM-Silber im Juniorinnen-Doppelzweier hinter Rumänien und vor Griechenland. Foto: 2000meter.de
Hamburg 2014: Mit Franziska Kampmann (RV Waltrop) holt Tina Christmann (Hanauer RC Hassia) WM-Silber im Juniorinnen-Doppelzweier hinter Rumänien und vor Griechenland. Foto: 2000meter.de

Tina Christmann machte beim Mühlheimer RV ihre ersten Züge und ist seit 2012 im Trikot des Hanauer Ruderclub Hassia unterwegs. Den Sprung in die nationale Spitze schaffte sie 2011 mit Platz zwei im JFB4x. Seitdem hat sie zehn Medaillen und Meisterschaften bei  Deutschen Titelkämpfen gesammelt. Ihr internationales Debüt gab sie 2012 beim Baltic-Cup.

 

2017

U23-WM Plovdiv (Bulgarien): BW4x 3.

 

2015

U23-WM Plovdiv (Bulgarien) BW4x 5.

Weltcup II Varese (Italien): W4x 10.

 

2014

U19-WM Hamburg: JW2x 2.

 

2013

U19-WM Trakai (Litauen): JW1x 4.


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